Beschwerde gegen BWIS Dekret Baselland gutgeheissen

Baselland regelt Zuständigkeit zur Haftüberprüfung mit Verordnung

Letztes Jahr hat der Verein Referendum BWIS zwei Beschwerden gegen kantonale Zuständigkeitsregelungen zur gerichtlichen Überprüfung des Polizeigewahrsams nach Hooligangesetz geführt, welche im August 2007 (Baselland) resp. im März 2008 (Zürich) in diesem Punkt gutgeheisssen wurden.

Während der Kanton Zürich per «:Kriegsrecht»: noch vor der Euro 08 den Haftrichter des Bezirks Zürich auf Gesetzesstufe als zuständig erklärte, hat der Landrat Baselland am 11. September 2008 mit einem Dekret (entspricht in BL einer Verordnung) das Präsidium der Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Kantonsgerichts zur Haftüberprüfung eingesetzt.

Das Bundesgericht hat im März 2008 bestätigt, dass die Zuständigkeit der richterlichen Überprüfung des Polizeigewahrsams zwingend auf Gesetzesstufe festzulegen ist. Aus diesem Grund hat der Verein Referendum BWIS am 1. Oktober 2008 am Kantonsgericht in Liestal Beschwerde gegen das Dekret erhoben und am 3. November 2008 die Beschwerdebegründung nachgereicht.

In seiner Vernehmlassung zweifelt der Rechtsdienst des Regierungseats das zitierte Bundesgerichtsurteil an.

Am 27. Mai 2009 fand die Urteilsberatung statt. Aufgrund des Verzichts der Verfahrensleitung auf einen zweiten Schriftenwechsel konnte schon erahnt werden, dass der Beschwerdegegner keine substantiellen Gründe, welche für das Dekret sprechen, darlegen konnte. Nach 50 Minuten wurde die Beschwerde auch einstimmig gutgeheissen und das Dekret BWIS aufgehoben. Der Grund war selbstverständlich die falsche Regelungsstufe. Das Gericht machte klar, dass richterliche Zuständigkeiten ohne Wenn und Aber in einem formellen Gesetz zu regeln sind. Neben Art. 30 BV verwies die Präsidentin auch auf den Bundesgerichtsentscheid gegen die Verordnung BWIS ZH, § 87 KV, diverse Literaturstellen und ein älteres Urteil, als sich das Kantonsgericht noch Verwaltungsgericht nannte.

Am 24. August 2009 hat die Justiz- und Sicherheitskommission des Landrats vorgeschlagen, das Polizeigesetz zu ändern:

§ 27a Polizeigewahrsam bei Gewalt an Sportveranstaltungen

1 Der Polizeigewahrsam für gewalttätige Personen anlässlich von Sportveranstaltungen richtet sich nach dem Konkordat vom 15. November 2007 über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen.
2 Für die richterliche überprüfung der Rechtmässigkeit des Polizeigewahrsams gemäss Artikel 8 Absatz 5 des Konkordats vom 15. November 2007 über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen ist das Präsidium der Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Kantonsgerichts zuständig.
3 Ist eine richterliche überprüfung erst kurz vor oder zeitgleich mit dem Vollzug des Polizeigewahrsams möglich, so erfolgt sie ohne Verzug.
4 Die richterliche überprüfung findet mündlich statt.
5 Der Entscheid wird mündlich und summarisch begründet. Die betroffene Person kann innert 5 Tagen seit der Eröffnung des Urteils eine schriftliche Begründung verlangen. Wird eine solche verlangt, gilt deren Zustellung als massgebliche Eröffnung.
6 Der Entscheid des Präsidiums ist, unter Vorbehalt der Rechtsmittel des Bundes, endgültig.

Es brauchte also zwei Beschwerden vor Kantonsgericht, nur um eine gesetzliche Regelung zu erreichen, welche den Anforderungen der Bundesverfassung und der EMRK genügt.