Datenschutzbestimmungen von HOOGAN ausgehebelt
Die Verordnung über verwaltungspolizeiliche Massnahmen des Bundesamtes für Polizei und über das Informationssystem HOOGAN (VVMH) regelt die Modalitäten der «Hooligan-Datenbank», welche seit eh und je im BWIS geregelt ist. Die bundesrechtlich legiferierten Massnahmen sind alle den kantonalen übergeordnet. Im BWIS und in der VWIS ist beispielsweise geregelt, dass der Bund die Datenhoheit über Inhalte hat, sowie die Definition gewalttätigen Verhaltens und der Nachweis gewalttätigen Verhaltens. In Art. 10 VVMH wird die Verwendung und Weitergabe der Daten aus HOOGAN durch Organisatoren von Sportveranstaltungen geregelt. Insbesondere wird in Abs. 3 bestimmt, dass alle Daten nach der Sportveranstaltung umgehend vernichten werden müssen und dass die datenliefernde Behörde innert 24 Stunden über die Vernichtung zu unterrichten ist. Dadurch soll der Datenschutz gewährleistet werden. Diese Schutzbestimmung ist aber eine reine Farce.
Seit das Hooligan-Konkordat 2010 in Kraft getreten ist, werden in allen Fällen von neu verfügten Rayonverboten gleichzeitig mit der Meldung an Fedpol zwecks Erfassung in HOOGAN die gleichen Daten inkl. im Polizeigewahrsam erstellter Gesichtsbilder im Rahmen des Antrags eines Stadionverbots in eine von Vertretern von Polizeistellen des Bundes, der Kantone und Gemeinden gemeinsam mit den Sportverbänden genutzten online Datenbank eingegeben. In Google ist diese Seite nicht ersichtlich, die Datenbank ist auch nicht beim EDÖB registriert. Neben den Polizeistellen haben Funktionäre aller Vereine der oberen Ligen Zugriff auf diese Daten. Alles, was gemäss der bundesrechtlichen Verordnung zu HOOGAN nur vor einem Spiel an einen bestimmten Veranstalter gelangen dürfte und nach dem Spiel gelöscht werden müsste, ist permanent im Besitz aller Fussball- und Eishockeyvereine. Diese Datenbank parallel zu HOOGAN wird TOOLBOX genannt und wird von Firma BPM Sports GmbH in Bern betrieben: stbox.gius.ch und https://stbox.gius.ch/Registrieren.aspx. Seit Ende September 2015 ist stbox.gius.ch nicht mehr aktiv. Eine Kopie der Seite ist hier
Als Beispiel soll ein Stadionverbot vom 23. August 2011 dienen. Das Stadionverbot wurde auf Empfehlung der Polizei erlassen. Unter «Ort der Übertretung» steht zwar «AFG Arena St. Gallen», aber diese Angabe ist falsch. Der betreffenden Person werden diverse Tatbestände vor und nach dem Spiel, aber immer ausserhalb der AFG Arena, vorgeworfen.
Es wurde auch ein Strafverfahren eröffnet. Die Polizei ist gemäss Art 12 lit. a StPO Strafverfolgungsbehörde und gemäss Art. 73 Abs. 1 StPO zur Geheimhaltung verpflichtet. Nur Parteien haben Anspruch auf Akteneinsicht, und der FC St. Gallen ist nicht Partei. Neben der VVMH wurde somit auch gegen die StPO verstossen. Obendrein hat sich das Rayonverbot von einem Jahr Dauer in ein Stadionverbot von drei Jahren Dauer und somit in eine Fernhaltemassnahme mit der dreifachen Dauer der gesetzlichen Maximaldauer verwandelt, ohne dass eine Rechtsanspruch auf eine Einsprache gegen ein Stadionverbot besteht.
Unterlagen, welche dem Verein Referendum BWIS vorliegen, belegen, dass das oben beschriebene Vorgehen seit Inkrafttreten des Konkordats in praktisch allen Kantonen systematisch angewendet wird. Es dürfte kaum ein Rayonverbot mit einer Maximaldauer von einem Jahr geben, für welches nicht auch ein korrespondierendes Stadionverbot von 3 Jahren Dauer existiert, welches aufgrund einer polizeilichen Empfehlung erlassen wurde.
Aus der Bewilligung des Testspiels des FC Zürich auf einem Kunstrasenfeld des «Heerenschürli» gegen Biel vom 10. Januar 2014 ist ersichtlich, dass die Empfehlung eines Stadionverbots keine Empfehlung ist, sondern eine Vorschrift, welche bei Nichtbeachten den Entzug der Bewilligung zur Folge hat. Auf Seite 3 ist unter Ziffer 14 vorgeschrieben, dass durch die Stadtpolizei Zürich beantragte Stadionverbote innert 5 Tagen ausgesprochen werden müssen.
In Ziffer 19 der Beschwerde vom 22. Juni 2009 gegen das Dekret über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen des Kantons Luzern, in Ziffer 17 der Beschwerde vom 12. Januar 2010 gegen den Beschluss betreffend den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen des Kantons Basel-Landschaft und in Ziffer 18 der Beschwerde vom 27. Januar 2010 gegen den Beschluss betreffend den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen des Kantons Basel-Stadt, welche der Verein Referendum BWIS geführt hat, wurde genau diese Umgehung der Datenschutzbestimmungen von HOOGAN gerügt. 6000 Franken wurden investiert, nur um vom Bundesgericht zu hören, dass sich die systematische Umgehung der Datenschutzbestimmungen der VVMH verfassungs- und konventionskonform auslegen lässt.