Aufhebung der Transportpflicht
Das Personenbeförderungsgesetz soll geändert werden
Kurz vor den Sommerferien 2012 hat der Bundesrat eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zur Aufhebung der Transportpflicht in Vernehmlassung geschickt. Bahn- und Busunternehmungen sollen davon befreit werden, Besucher von Sportveranstaltungen mit fahrplanmässigen Kursen transportieren zu müssen, selbst bei Vorhandensein eines gültigen Fahrausweises. Für die Benutzung von Extrazügen sollen rigorose Regeln, z. B. ein Verbot des Mitführens alkoholischer Getränke oder die Pflicht zu Kombi-Tickets oder gar Fan-Cards, erlaubt sein.
Der Gesetzesentwurf beruht auf Gerüchten, wonach die SBB jährlich Sachschäden in Millionenhöhe erleiden würden, insbesondere durch Fussballfans. Diese Vorwürfe wurden aber im Januar 2012 von der WOZ widerlegt, die Sachschäden sind verglichen mit der Anzahl transportierter Passagiere marginal. Das finanzielle Argument kann daher hier nicht vorgebracht werden.
Diese Gesetzesänderung will auch nicht die Verhinderung von Sachschäden bezwecken. Vielmehr sollen damit durch die Vorgabe der Halteorte von Extrazügen in erster Linie Fan-Märsche von grossen Bahnhöfen zu Stadien und durch die Pflicht von Kombi-Tickets die Bewegungsfreiheit potentieller Besucher von Sportveranstaltungen unterbunden werden. Durch die Pflicht einer Fan-Card ist auch jeder Mitfahrer identifizierbar. Alkoholverbote, Kombi-Tickets und Fan-Card sind aber fragwürdige Errungenschaften der «Policy gegen Gewalt im Sport», welche die Polizeidirektorenkonferenz im November 2009 der Öffentlichkeit präsentiert hat. Das geplante Gesetz hat also nichts mit Personentransport zu tun, vielmehr läuft es auf eine sicherheitspolizeiliche Massnahme zur Fernhaltung unerwünschter Personen an Sportveranstaltungen hinaus. Im polizeilichen Bereich hat der Bund aber keine Kompetenzen, weshalb diese Neuregelung, vergleichbar mit dem Hooligan-Gesetz, verfassungswidrig sein dürfte. Es ist absehbar, dass diese neue Regelung bald auf andere Personengruppen ausgeweitet wird, wenn sie beschlossen wird.
Bis zum 11. Oktober 2012 lief ein Vernehmlassungsverfahren, bei dem sich interessierte Kreise zur geplanten Gesetzesänderung äussern konnten.
Der Verein Referendum BWIS hat eine Vernehmlassungsantwort eingereicht und kritisiert, dass der Bund keine Kompetenz habe, Fanmärsche zu verbieten und Kombi-Tickets vorzuschreiben. Ebenfalls bemängelt wurde, dass die Massnahmen nicht umsetzbar sind und dass auch keine Kostenersparnisse erzielt werden können.