Revision eines Bundesgerichtsurteils zum Hooligan-Konkordat
«Verordnung über verwaltungspolizeiliche Massnahmen und über Informationssysteme des Bundesamtes für Polizei» ermöglicht Revision
Ende 2010 hat das Bundesgericht die Beschwerden gegen den Beitritt der Kantone BL, BS, LU, TI und ZH zum «Konkordat gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen» vollumfänglich abgewiesen.
Auf begründetete Rügen ist das Bundesgericht nicht eingegangen, viel mehr hat es in willkürlicher Art die Sachlage jeweils so zurechtgebogen, dass es alle Rechtsbegehren abweisen konnte.
Datenweitergabe aus HOOGAN ist eingeschränkt
Ein Beispiel: Bei der Luzerner Beschwerde wurde im Zusammenhang mit der Empfehlung von Stadionverboten in Rüge 19 a) geltend gemacht: «Der Umfang der Daten in der Hooligandatenbank und die Bedingungen zur Bekanntgabe an Dritte bleiben auch nach dem 31. 12. 2009 im BWIS geregelt. Eine Datenweitergabe an Stadionbetreiber zu einem anderen Zweck als der Zutrittskontrolle ist nicht zulässig. Zudem müssen alle Daten nach der Veranstaltung gelöscht werden.»
Das Bundesgericht faselte dazu in Erwägung 8 des Urteils: «Es zeigt sich zum einen, dass die Vollzugsbehörden Personendaten bearbeiten dürfen. Zum andern, dass entsprechende Daten im Sinne der Gewaltprävention anlässlich von Sportveranstaltungen an andere Vollzugsstellen wie auch an private Veranstalter weitergegeben werden dürfen. Mit dieser Regelung steht die Bestimmung von Art. 10 Konkordat nicht im Widerspruch und sie verletzt Art. 49 Abs. 1 BV nicht. Es ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob entsprechende Daten bloss ausgetauscht werden oder ob die Datenvermittlung auch noch mit einer entsprechenden Empfehlung für den Erlass eines privatrechtlichen Stadionverbots verbunden ist. Eine solche Empfehlung kann den Erlass von polizeilichen Massnahmen sinnvoll ergänzen, weil Rayonverbote möglicherweise leichter missachtet werden können als Stadionverbote. Es ist Sache der privaten Organisatoren und Verbände, nach ihren eigenen Regeln vorzugehen, die Sachlage gestützt auf eine Empfehlung ein zuschätzen und allenfalls ein Stadionverbot zu erlassen oder davon abzusehen.»
Der Clou an der Sache ist, dass der Bundesrat die einschränkenden Bestimmungen zur Datenweitergabe am 4. Dezember 2009 per 1. Januar 2010 von Art. 21 k VWIS in Art. 10 der neuen «Verordnung über verwaltungspolizeiliche Massnahmen und über Informationssysteme des Bundesamtes für Polizei» verschoben hat. Nur dank dieser neuen Verordnung, welche nach der Beschwerdeeingabe, aber vor der Urteilsfällung erlassen wurde, steht die Möglichkeit der Revision offen. Bloss wegen einer falschen Gesetzesauslegung des Bundesgerichts ist keine Revision möglich.
Polizeigewahrsam ist EMRK-widrig
Eine Revision ist ebenfalls zulässig, wenn das Bundesgericht erhebliche Tatsachen in den Akten «übersehen» hat. Die Revision wegen des EMRK-widrigen Polizeigewahrsams wird aus diesem Grund verlangt.
Anlässlich der öffentlichen Beratung der Zürcher Beschwerde hat der Referent folgenden Fall konstruiert, um der stichhaltigen Rüge nicht stattgeben zu müssen: Jemand hat ein Rayonverbot, missachtet dieses und wird verhaftet. Dann könnte das Rayonverbot als gesetzliche Verpflichtung im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK betrachtet werden und der Polizeigewahrsam wäre somit rechtens.
Das Dumme ist nur: Bei der Missachtung eines Rayonverbots ist gar kein Polizeigewahrsam vorgesehen, viel mehr gibt es eine Anzeige wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung (Art. 292 StGB), allenfalls auch eine Meldeauflage. Zudem ist eine amtliche Verfügung keine gesetzliche Verpflichtung. Für die Anordnung von Polizeigewahrsam gemäss Art. 8 des Konkordats ist weder ein Rayonverbot noch eine Meldeauflage zwingend, Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK ist somit nicht erfüllt.
Weil das Konkordat, welches sich in den Akten befand, ganz andere Umstände für den Polizeigewahrsam umschreibt, als das Bundesgericht angenommen hat, ist eine Revision zulässig.
Am 31. Januar 2011 hat das Bundesgericht das Revisionsgesuch abgewiesen. Es hat unter anderem erwogen, dass sich die Verordnung des Bundesrates vom 4. Dezember 2009 über verwaltungspolizeiliche Massnahmen und über Informationssysteme des Bundesamtes für Polizei lediglich an das mit der Durchführung des BWIS betraute Bundesamt für Polizei richte, obwohl die Verordnung explizit Regelungen für kantonale Behörden und private Funktionäre von Sportveranstaltern enthält.
Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls möglich
Mehr oder weniger das ganze Urteil des Bundegerichts hat das selbe unterirdische Niveau. Es ging dem Gericht einzig darum, den Polizeidirektoren den Arsch zu lecken und die Beschwerden unter allen Umständen abzuweisen. Weil das Bundesgericht klar die Garantie auf ein faires Verfahren verletzt hat, steht auch die Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. Die Beschwerde wurde fristgerecht am 30. August 2011 eingereicht.
- Beschwerde Luzern vom 22. Juni 2009
- Urteil Beschwerde Luzern vom 16. November 2010
- Verordnung über verwaltungspolizeiliche Massnahmen und über Informationssysteme des Bundesamtes für Polizei
- Konkordat gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen
- Revisionsgesuch Luzern vom 17. Januar 2011
- Urteil Bundesgericht vom 31. Januar 2011
- Beschwerde Europäischer Gerichtshof vom 30. August 2011
- Bestätigungsschreiben Europäischer Gerichtshof vom 5. Oktober 2011